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Höchstgerichtliche Entscheidungen
Hier eine Auswahl an unserer Meinung nach besonders relevanten Entscheidungen von VwGH und EuGH.
- Umsatzsteuer bei ungerechtfertigtem Rücktritt des Kunden von einem Werkvertrag
Ein Kunde hatte mit einer Baufirma einen Werkvertrag über die Errichtung eines Gebäudes um rund € 6 Mio. abgeschlossen. Kurz nach Beginn der Bauarbeiten trat der Kunde ohne Gründe vom Vertrag zurück. Er wollte also nicht mehr, dass die Baufirma das Gebäude für ihn errichtet. Weil die Baufirma zur Leistung bereit war, stand gemäß § 1168 ABGB dennoch das volle Entgelt zu, wobei sie nur abziehen muss, was sie sich erspart, weil das Gebäude nicht gebaut wird. Obwohl nun die Errichtung des Gebäudes unterblieben ist, unterlag das Entgelt, das die Baufirma vom Kunden erhält, dennoch der Umsatzsteuer. Nach Ansicht des EuGH besteht nämlich der Gegenwert für das vom Kunden zu zahlende Entgelt in der Leistungsbereitschaft der Baufirma und im Recht des Kunden auf die Erfüllung des Werkvertrags, auch wenn der Kunde dieses Recht nicht geltend machen will.
Hinweis: Die österreichischen Umsatzsteuerrichtlinien des BMF sind bisher weitgehend von echtem (nicht umsatzsteuerbarem) Schadensersatz ausgegangen. Sie führen aus, Zahlungen, die ein Vertragsteil (z.B. Käufer oder Auftraggeber) auf Grund seines vorzeitigen Rücktritts vom Vertrag zu leisten hat, seien nicht umsatzsteuerbar, auch wenn sie wegen des Rücktritts als Entschädigung für entgangenen Gewinn zu leisten sind.
- Beginn der absoluten Verjährung von Abgaben
Die Frist für die absolute Abgabenverjährung beträgt 10 Jahre und beginnt mit dem Tag, an dem die Steuerschuld entsteht. Sie beginnt nicht erst mit Ablauf des Kalenderjahres. So tritt beispielsweise bei der Umsatzsteuer für April 2011 die absolute Bemessungsverjährung mit Ende April 2021 ein.
Im konkret entschiedenen Fall hatte der Steuerpflichtige anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung der Umsatzsteuer für April 2011 Selbstanzeige erstattet. Diese Selbstanzeige hatte eine Abgabenerhöhung zur Folge, für die ebenfalls mit Ende April 2021 absolute Verjährung eintrat.
Durch unterschiedliche Betätigungen verursachte Aufwendungen
Die Steuerpflichtige war einerseits Lehrerin und anderseits Fotografie-Künstlerin, wobei die Tätigkeit als Fotografie-Künstlerin vom Finanzamt als Liebhaberei eingestuft wurde. Fallen Aufwendungen an, die durch beide Tätigkeiten verursacht sind (z.B. Fachbibliothek), können sie (nur) anteilig bei den Einkünften als Lehrerin abgezogen werden. Die Aufteilung kann im Verhältnis der aus der jeweiligen Tätigkeit bezogenen Einnahmen erfolgen.
- Österreichische Sozialversicherungsbeiträge für deutsche Einkünfte
Der Steuerpflichtige hatte jeweils einen Wohnsitz in Österreich und in Deutschland und erzielte in beiden Staaten Einkünfte. Für sein Gesamteinkommen war er in Österreich sozialversicherungspflichtig (bei der SVA). Soweit die österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge auf die in Deutschland zu versteuernden Einkünfte (als selbständiger Radiomoderator) entfallen, hätte er sie bei der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland absetzen können, wenn er sie dort angegeben hätte. Insoweit die auf die deutschen Einkünfte entfallenden österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge bei der Einkommensteuer in Deutschland hätten abgezogen werden können, ist ein Abzug bei der Einkommensteuer in Österreich nicht zulässig.
Bildnachweis: Stock-Fotografie-ID: 1346156711
Stand: 15.02.2025