Doppelte Sozialversicherungspflicht?
Autor: Dr. Magdalena Haring
Datum: 28. März 2018
Vorsicht bei der Überlassung von Dienstnehmern als Geschäftsführer von Konzerngesellschaften: VwGH unterstellt zwei versicherungspflichtige Dienstverhältnisse.
Die Überlassung von Dienstnehmern in Konzernen oder Unternehmensverbänden wurden bisher wie folgt vom Verfassungsgerichtshof (VwGH) eingestuft: Werden Dienstnehmer einer Gesellschaft an andere Konzerngesellschaften überlassen oder sind in mehreren Konzerngesellschaften tätig, so ist die überlassende Gesellschaft als sozialversicherungsrechtlicher Dienstnehmer einzustufen.
Angestellter und gleichzeitig Geschäftsführer – kein Dienstverhältnis wie bei Leiharbeitern
Eine aktuelle Entscheidung des VwGH (Ro 2014/08/0046) lässt nun allerdings aufhorchen:
Im konkreten Fall wurde der Betrieb städtischer Bäder ausgegliedert und von einer GmbH übernommen. Die Stadtverwaltung war Alleingesellschafterin, einziger Geschäftsführer wurde ein Amtsleiter der Stadtverwaltung. Er war bisher auch für die Bäderanlagen zuständig. Die Stadt hat den Amtsleiter während eines Teils seiner Dienstzeit der GmbH zur Arbeitsleistung überlassen – das wurde durch einen Personalüberlassungsvertrag und Dienstverfügung geregelt. Die übrige Dienstzeit arbeitete der Dienstnehmer, wie bisher, als Amtsleiter für die Stadt.
Der VwGH führte dazu Folgendes aus: Nicht zutreffend ist die Rechtsansicht zu Leiharbeitern, bei denen die überlassende Gesellschaft sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber bleibt.
Die Begründung dafür lautet: Bei Geschäftsführungsorganen ist durch den Bestellungsakt begründetes Recht der GmbH auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers anzunehmen. Im Gegensatz dazu gilt bei Leiharbeitsverhältnissen ein Rechtsanspruch, der lediglich vom Verleiher abgeleitet ist.
Bestellungsakt begründet Sozialversicherungspflicht, GmbH ist Dienstgeber
Laut VwGH ändert ein nicht vorliegender Anstellungsvertrag zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft an dieser Rechtsansicht nichts. Dieser Anstellungsvertrag regelt nämlich nur die näheren Umstände der Leistungserbringung, die Hauptleistungspflicht wird allerdings durch den Bestellungsakt an sich begründet.
Die GmbH wird als sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber eingestuft – obwohl das Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit vom bisherigen Dienstgeber, also der Stadt, bezahlt wurde. Durch den Bestellungsakt und die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit durch den Geschäftsführer ist ein Anstellungsverhältnis entstanden. Diesem entsprechend wird die GmbH zum sozialversicherungsrechtlichen Dienstgeber und muss die Beiträge abführen.
Zwei Dienstverhältnisse bis zur Höchstbeitragsgrundlage
Im konkreten Fall liegen somit zwei beitragspflichtige Dienstverhältnisse vor, beide unterliegen bis zur Höchstbeitragsgrundlage der Sozialversicherung.
Wenn die einbehaltenen Beiträge die Höchstbeitragsgrundlage überschreiten, gibt es für den Dienstnehmer folgende Möglichkeit: Beiträge, die für Gehaltsteile über der Höchstbeitragsgrundlage entrichtet wurden, können zurück gefordert werden. Die Rückzahlung erfolgt auf Antrag innerhalb von drei Jahren beim zuständigen Sozialversicherungsträger. Für die Dienstgeberbeiträge ist eine Rückforderung jedoch nicht möglich: Beide Dienstverhältnisse bleiben für die Dienstgeber jeweils bis zur Höchstbeitragsgrundlage beitragspflichtig.