Homeoffice als Betriebsstätte
Autor: Dr. Lukas Haigermoser/ Ing. Christoph Klinger LLM.oec
Datum: 11. April 2022
Selbständige und unselbständige Tätigkeiten im Homeoffice
Seit Februar 2020 konnte ein Teil der nichtselbständigen und selbständigen Tätigkeiten nicht nur am Standort des Unternehmens ausgeübt werden, sondern auch im Homeoffice am Wohnsitz des Dienstnehmers oder des Unternehmers. Aber ist ein Homeoffice-Arbeitsplatz überhaupt eine steuerliche Betriebsstätte?
Grundsätzlich gilt nach der BAO als Betriebsstätte:
- Jede feste örtliche Einrichtung,
- die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dient,
- wenn diese nicht nur vorübergehend besteht,
- und das Unternehmen in der Lage ist, die Einrichtung für seine Geschäftstätigkeit zu nutzen.
Vor allem wenn grenzüberschreitend gearbeitet wird, sind die Folgen einer Betriebsstätte weitreichend: Eine steuerliche Registrierung für Inländer im Ausland sowie vice versa für Ausländer im Inland ist dann nämlich verpflichtend. Auch die Betriebsstätten Gewinne oder Verluste müssen im jeweils anderen Land anteilig ermittelt und steuerlich veranlagt werden. Bei grenzüberschreitendem Homeoffice ist die Tätigkeit daher immer genau zu prüfen.
Beispiele für solch grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeiten sind:
- Ein Gesellschafter/ Mitunternehmer einer österreichischen Personengesellschaft arbeitet überwiegend im Ausland von seinem Wohnsitz aus.
- Ein Dienstnehmer ist überwiegend oder ausschließlich aus dem Homeoffice im Ausland für seinen österreichischen Arbeitgeber tätig.
Das Homeoffice als steuerliche Betriebsstätte?
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Ein Homeoffice stellt grundsätzlich eine feste Einrichtung dar – zum Beispiel ein angemietetes Büro im Ausland – daher ist die Voraussetzung einer festen örtlichen Einrichtung erfüllt.
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Die Geschäftstätigkeit dort wird regelmäßig ausgeübt – damit ist auch die funktionale Komponente erfüllt.
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Die Tätigkeit im Homeoffice dauert länger als sechs Monate – somit ist auch der zeitliche Aspekt schnell erfüllt, insoweit die Tätigkeit dauerhaft stattfindet.
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Es verbleibt somit in der Praxis oftmals nur der noch offene Punkt der Verfügungsmacht, zur Beantwortung der Frage, ob durch die Tätigkeit eine Betriebsstätte begründet wird. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Verfügungsmacht ist abhängig von der zeitlichen Nutzung
Laut EAS-Auskunft und aktueller Verrechnungspreisrichtlinie des BMF ist bei der Verfügungsmacht die zeitliche Nutzung des Homeoffice-Arbeitsplatzes relevant:
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Bei einer Tätigkeit unter 25 Prozent der Gesamtarbeitszeit von Dienstnehmern geht man von einer unschädlichen, bloß gelegentlichen Nutzung aus.
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Bei einer Tätigkeit von mehr als 50 Prozent der Gesamtarbeitszeit liegt eine Verfügungsmacht und somit großteils auch eine Betriebsstätte vor.
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Bei einer zeitlichen Nutzung von 25 bis 50 Prozent ist dies jeweils im Einzelfall zu beurteilen, hier hat die Beurteilung anhand weiterer Kriterien zu erfolgen.
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Bei einer selbständigen Tätigkeit, wie zum Beispiel einem Gesellschafter einer OG, ist das Merkmal der Verfügungsmacht im Sinne der Verrechnungspreisrichtlinie bereits bei einer nicht nur sporadischen oder gelegentlichen Nutzung erfüllt.
Homeoffice als offizielle Adresse bedeutet immer auch Betriebsstätte
Tritt die Homeoffice-Arbeitsstätte nach außen im Geschäftsverkehr auf, ist in jedem Fall von einer Betriebsstätte auszugehen – hier wird die Verfügungsmacht als gegeben angenommen. Das gilt vor allem dann, wenn das Homeoffice als offizielle Adresse und Anlaufstelle des Unternehmens dient und dort Kundenbesprechungen, Auftragserfüllungen, Serviceleistungen etc. direkt erbracht werden.
Vorbereitungs- und Hilfsfunktionen begründen keine Betriebsstätte
Werden im Homeoffice ausschließlich vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten geleistet, gelten im internationalen Steuerrecht diese Einrichtungen nicht als Betriebsstätte – selbst wenn die Kriterien erfüllt werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Buchhalter (Hilfsfunktion) im Ausland im Homeoffice sitzt und so seine Arbeitsleistung an seinen inländischen Arbeitgeber erbringt.
Individuelle Prüfung und Expertise notwendig
Wir empfehlen immer eine individuelle und tiefer gehende Prüfung. Nur diese kann ermitteln, ob es sich bei einem Homeoffice-Arbeitsplatz um eine inländische Betriebsstätte einer ausländischen Gesellschaft, oder um eine ausländische Betriebsstätte einer inländischen Gesellschaft handelt – egal ob als selbständige oder unselbständige Tätigkeit. Die endgültige Entscheidung hängt immer vom Einzelfall ab.